Mittwoch, 23. November 2022

18. November: Stellungnahme der Proponent:innen

Nach der Sitzung im Sozialausschuss wurde den Proponent:innen das Protokoll dieser Sitzung zugesandt und sie wurden eingeladen, dazu Stellung zu nehmen. Am 18. November wurde diese Stellungnahme ausgearbeitet und an das Parlament geschickt.

Am 1. Februar wurde das Thema wieder m Plenum diskutiert. Leider wurden nur die skeptischen Argumente der Parteien bzw. ihrer "Experten" wiederholt, nicht die Argumente der Proponent:innen  bzw. die Stellungnahme. (Link zur Mediathek des Parlements) Einzig die Idee eines Bürgerrates (für die Weiterentwicklung des Sozialsystems) wurde positiv aufgenommen, aber nicht konkretisiert.

 In der erwähnten Stellungnahme der Proponent:innen  wurden die wichtigsten Diskussionsthemen in vier Punkten zusammengefasst und  kommentiert: In der Stellungnahme wurden die wichtigsten Diskussionsthemen in vier Punkten zusammengefasst und  kommentiert:

  1. Das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) soll keineswegs den Sozialstaat abschaffen, sondern ihn weiterentwickeln. So ist es selbstverständlich, dass mit dem BGE besondere Bedürfnisse (z.B. von Behinderten) NICHT abgedeckt sind und Sozialversicherung und Pensionen davon NICHT betroffen sind. Ein BGE soll Mindestsicherung, Notstandshilfe, Pensionsausgleichszahlung und Familienbeihilfe ersetzen und damit Verwaltung vereinfachen.

    Das Bildungssystem und das Gesundheitssystem sollen davon also ebenso wenig nachteilig betroffen sein wie die Infrastruktur (öffentlicher Verkehr, Wasser, Energie, Wohnen etc.).

    Aussagen und Befürchtungen diesbezüglich kamen von u.a. von Mag. Dr. Rolf Gleißner, Mag. Hanno Lorenz und Mag.a Verena Nussbaum.

  2. In der Diskussion wurden mehrmals Bedenken geäußert, dass die ungleiche Verteilung der Care-Arbeit zwischen den Geschlechtern durch ein BGE weiter zementiert würde. Tatsächlich würde ein BGE dazu beitragen, dass Frauen generell - vor allem wirtschaftlich - unabhängiger würden und eine ganz andere Verhandlungsposition in Partnerschaften gegeben wäre.Losgelöst vom BGE muss das Ziel „gleicher Lohn bei gleicher Arbeit für alle Geschlechter“ in der Erwerbsarbeit natürlich weiter verfolgt werden.

  3. Alle Fraktionen sind der Meinung, dass ein BGE nicht finanzierbar sei. Diverse Modellrechnungen zeigen allerdings, dass es sehr wohl möglich ist, das BGE in Österreich im Budget abzubilden. Die Abqualifizierung eines BGE als „Gießkannensystem“ ist insofern falsch, da in den meisten Modellen Besserverdienende durch höhere Besteuerung ihren Beitrag leisten werden.

    In einigen Modellen liegt der Grenzwert bei einem monatlichen Erwerbseinkommen bei Brutto Euro 5.000. Ab dieser Höhe werden die Bezieher:innen mehr Steuern zahlen, als sie durch das BGE erhalten. Im Gegensatz zum in der Sitzung erwähnten Klimabonus, der tatsächlich mit der „Gießkanne“ ausgeschüttet wurde, ist das BGE in diesen Modellen kein Zuverdienst für alle. Das BGE ist ein deutlicher Beitrag zur Umverteilung von oben nach unten und stärkt dadurch den sozialen Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft.

  4. Das BGE ist keine „einfache“ Lösung, wie es Karl Öllinger ausgedrückt hat. Daher schlagen wir im Volksbegehren ja auch vor, dass „über Höhe, Finanzierung und Umsetzung nach einem Prozess, an dem die Zivilgesellschaft maßgeblich beteiligt ist“ gesprochen werden soll. In diese Richtung geht auch unser Vorschlag für einen Bürger:innen-Rat.

[...]

Wir bedanken uns ausdrücklich für die wertschätzende Diskussion, die inhaltlich weiterführenden Impulse und auch für einige, dem Bedingungslosen Grundeinkommen wohlwollend gesinnten Beiträge. Wir werden weiter mit den Abgeordneten und Experten im Gespräch bleiben.

Allgemein konnten wir in der Sitzung feststellen, dass die Angst vor bedeutenden Veränderungen bei den Abgeordneten tief sitzt. Paradigmenwechsel und die Arbeit an langfristigen Lösungen werden zugunsten des Erhalts des Status Quo bzw. einer Politik der kleinen Schritte verhindert. Uns ist klar, dass die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Österreich „nach dem Zeitalter der liberalen Grundrechte (im 18. Jhdt.), dem Zeitalter der politischen Grundrechte (im 19. Jhdt.) und dem Zeitalter der sozialen Grundrechte (im 20. Jhdt.) ein neues Zeitalter der ökonomischen Grundrechte im 21. Jhdt.“ (Zitat Dr.in Elisabeth Dreer, JKU) einläuten und große gesellschaftliche Veränderungen anstoßen würde. Wir glauben nach wie vor, dass das BGE eine große Chance wäre, den notwendigen Entwicklungen und Maßnahmen (Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Demokratie, sozialen Frieden, Armutsbekämpfung, ...) die richtige Richtung zu geben.